Leben
Der Schweizer Maler Arnold Brügger (1888-1975) aus Meiringen (Berner Oberland)
zählt zu den wichtigsten Erneuerern der Schweizer Kunst.
Seine im Zeitraum des ersten Weltkrieges geschaffenen Bilder gehören zu den
kühnsten Leistungen der Schweizer Malerei; sie reagieren auf die besonders
innovativen Leistungen in den grossen Kunstmetropolen, auf Kubismus, Orphismus und
Futurismus.
Kindheits- und Jugenderfahrungen bestimmen das Leben von Arnold Brügger.
Sein Vater ist der Gründer der familieneigenen Kunstanstalt Brügger
in Meiringen. Der Familienbetrieb ist auf den Druck künstlerisch wertvoller
Prospekte spezialisiert. Der zeichnerisch begabte Arnold absolviert hier seine
Lehrzeit als Lithograph. Die Vorfahren der Mutter sind naturverbundene Menschen:
Bauern, Jäger Schnitzler, Kristallsucher. Besonders beeinflusst wird Arnold
von seinem Grossvater, einem angesehenen Bergführer, der ihm die Augen für
die Natur öffnet. Brügger ist ein begeisterter Bergsteiger und Skifahrer.
Nach Abschluss der Lehrzeit folgt bis 1912 die berufliche Weiterbildung. Brügger
belegt Kurse an der Kunstgewerbeschule in Bern, wo er Otto Morach kennenlernt.
Die nächsten beiden Jahre arbeitet er in Köln und Berlin als Zeichner-Lithograph
und Plakatmaler und besucht abends Zeichenkurse. Berlin ist zu dieser Zeit ein
lebendiges Kunstzentrum. In den Galerien Cassirer, Gurlitt und "Sturm" sieht er wichtige
Bilder der "Brücke"-Maler, von Cézanne, van Gogh, Kandinsky und andern
bedeutenden Künstlern.
In München trifft er Otto Morach, und die beiden Freunde entscheiden sich, zusammen
mit Fritz Baumann (1886-1942) den Winter 1912/13 in Paris zu verbringen. In diesen acht
Monaten malt Brügger eine grössere Anzahl Ölbilder, Porträts und
Stadtlandschaften, die von der Auseinandersetzung mit der Malerei Cézannes
geprägt sind. Paris bedeutet für Brügger den entscheidenden Schritt vom
Zeichner-Lithographen zum freischaffenden Künstler. Die Kriegsjahre
verunmöglichen geplante Auslandreisen. Für den erzwungenen Verzicht auf sein
geliebtes Paris wird Brügger durch einen einjährigen Aufenthalt in Genf
(1917/18) entschädigt. Hier entsteht eine Serie der wichtigsten Frühwerke,
vor allem geheimnisvolle Nachtbilder.
Der Initiator der Künstlergruppe "Das Neuen Leben", der Basler Fritz Baumann,
schart 1918 eine kleine Gruppe von bekannten Künstlern um sich. Brügger
stellt dort zusammen mit Hans Arp, Oscar Lüthy, Otto Morach, Francis Picabia,
Niklaus Stoecklin, Sophie Taeuber, Alexander Zschokke und andern aus.
Im Herbst 1920 heiratet er Hanny Leuthold aus Meiringen. Die Söhne Kaspar (1921)
und Arnold (1924) kommen auf die Welt. Brügger schätzt die Ruhe und Geborgenheit
im heimatlichen Hasli. Die Liebe zu den Bergen, zu seiner Umgebung sind zutiefst in
ihm verankert. Genauso stark äussert sich der Drang, zeitweise der Enge seines Tals
zu entfliehen. Bis 1939 weilt Brügger jedes Jahr, meist im Spätherbst, für
zwei bis drei Monate in Paris; zeitweise zieht es ihn auch im Frühling für
einige Wochen in die damalige Welthauptstadt der Kunst. Er teilt mit Morach die hohen
Kosten eines Pariser Ateliers das sie zwischenhinein an andere Schweizer Künstler
untervermieten. Zwischen 1927 und 1930 lebt er insgesamt mehrere Monate in Marseille
und der nähern Umgebung. Die zahlreichen Gemälde aus dieser Zeit bleiben jedoch
der Stimmung der Landschaften aus der Bergheimat treu.
Ab Ende der Dreissiger Jahre zieht sich Brügger definitiv nach Meiringen zurück.
Die Schliessung der Grenzen trifft ihn hart. So schreibt er Otto Morach: "Ich lebe
zurückgezogen wie ein Murmeltier und nehme, was mir von selber zukommt."
Im Frühling 1945 bricht sich Brügger beim Skifahren ein Bein. Die damaligen
Behandlungsmethoden zwingen ihn zu einer beinahe halbjährigen Malpause. Geheilt
zeigt er sich imstande, an Meisterbilder des Frühwerks anzuknüpfen und mit der
jüngsten, nicht immer sonderlich innovativen Entwicklung zu brechen. Er verwendet
gröbere Pinsel und seine Farbpalette wird wieder differenzierter.
In grossen Einzel-Ausstellungen in Schaffhausen (1951) und in der Kunsthalle Bern (1954)
wird das Gesamtschaffen Brüggers vorgestellt. Arnold Rüdlinger schreibt im
Vorwort zum Katalog der Berner Ausstellung: "Man spürt die heftige Auseinandersetzung
des jungen Malers mit Macke und Kirchner. Paris und der Midi zeigen ihren Einfluss im
Sinne einer gesteigerten Farbigkeit und sehr spontanen und vielfältigen Motivwahl."
Er findet spät seine künstlerische Anerkennung bei einem breiten Publikum.
Kunstliebhaber, Museen und Stiftungen kaufen seine Bilder. Eine rege
Ausstellungstätigkeit setzt ein. Er ist überrascht von dem späten Erfolg.
Arnold Brügger stirbt am 2. April 1975 in Meiringen, wo er nur wenige Schritte von
seinem Wohn- und Atelierhaus enfernt, begraben ist.